16.01.2025
Transformation und Turnaround im Vertrieb sind keine theoretischen Konzepte – sie basieren auf realen Herausforderungen und praktischen Lösungsansätzen. Die folgenden drei Fallstudien zeigen, wie unterschiedlich die Ausgangssituationen und Ergebnisse sein können. Sie verdeutlichen, welche Faktoren zum Erfolg führen – und welche Hindernisse überwunden werden müssen.
Fall 1: Maschinenbau-Unternehmen im Turnaround – Vom Einbruch zur Stabilität
Die Herausforderung
Ein stark verschuldeter Maschinenbauer sah sich nach einem Markteinbruch mit einem Umsatzeinbruch nahezu 70 % konfrontiert. Der Vertrieb war ineffizient, undurchsichtig und von kulturellen Problemen geprägt. Die internationalen Märkte waren kaum koordiniert, und die Mitarbeiter arbeiteten isoliert und wenig kundenorientiert.
Der Ansatz
Der geschäftsführende Gesellschafter, der bislang den Vertrieb maßgeblich aufgebaut und geleitet hatte, erkannte die Notwendigkeit einer Neuausrichtung und stellte mir als neuem Vertriebsleiter sein volles Vertrauen und uneingeschränkte Handlungsfreiheit zur Verfügung. Dies schuf die Grundlage für eine umfassende Restrukturierung des Vertriebs.
- Prozessüberarbeitung: Der Lead-to-Cash-Prozess wurde strukturiert und ein verbindliches Forecast-System eingeführt.
- Teamaufbau und Schulung: Neue Vertriebsmitarbeiter wurden eingestellt, und die bestehenden Mitarbeiter erhielten intensives Coaching.
- Kundenzentrierung: Die Vertriebsstrategie wurde von einer produkt- zu einer lösungsorientierten Ausrichtung umgestellt.
- Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit: Lösungen für die Kunden wurden in enger Abstimmung mit Entwicklung und Produktion ausgearbeitet und für Angebote gemeinsam freigegeben.
- Internationale Koordination: In Asien und Amerika wurden transparente Prozesse und neue Vertriebsteams etabliert, unterstützt durch regelmäßige Schulungen.
Ergebnis
Der Umsatz konnte schnell signifikant gesteigert und die Kundenzufriedenheit drastisch verbessert werden. Trotz Insolvenz aufgrund externer Faktoren führte die solide Basis zur erfolgreichen Neugründung mit profitabler Entwicklung.
Best Practice
Klar definierte Prozesse, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und eine lösungsorientierte Vertriebsstrategie bilden das Fundament für Stabilität und Wachstum. Entscheidend war aber auch das Vertrauen und die Unterstützung des geschäftsführenden Gesellschafters, die es ermöglichten, mutige Entscheidungen zu treffen und notwendige Veränderungen konsequent umzusetzen.
Fall 2: Oberflächenbearbeitung – Gescheiterte Neuausrichtung durch interne Blockaden
Die Herausforderung
Ein profitables Unternehmen wollte den Umsatz durch eine Neuausrichtung des Vertriebs signifikant und nachhaltig steigern. Die Vertriebsorganisation war jedoch vollständig reaktiv, und der geschäftsführende Gesellschafter, der den Vertrieb seit Jahren allein aufgebaut und geleitet hatte, empfand die vorgeschlagenen Veränderungen als persönliche Kritik an seiner bisherigen Arbeit. Diese persönliche Wahrnehmung führte dazu, dass er viele Verbesserungsvorschläge aktiv blockierte.
Der Ansatz
Trotz der Widerstände wurden die folgenden Maßnahmen initiiert:
- Prozessoptimierung: Einführung eines Ende-zu-Ende-Vertriebsprozesses und Priorisierung von Anfragen.
- Mitarbeiterschulung: Die Vertriebsmitarbeiter wurden gezielt auf Kundenbedürfnisse geschult.
- Widerstände überwinden: Intensive Kommunikation und individuelle Betreuung, um Veränderungsblockaden zu lösen.
Jedoch erwiesen sich diese Maßnahmen als nur begrenzt wirksam, da der geschäftsführende Gesellschafter durch Mikromanagement und mangelnde Bereitschaft zur Delegation eine nachhaltige Umsetzung verhinderte.
Ergebnis
Trotz positiver Reaktionen der Mitarbeiter scheiterte das Projekt an der fehlenden Veränderungsbereitschaft des Geschäftsführers. Sein Einfluss und seine aktive Blockade führten dazu, dass die strategischen Pläne letztlich abgebrochen wurden.
Best Practice
Veränderung erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch eine Kultur des Vertrauens und die Bereitschaft zur Selbstreflexion seitens der Führungsebene. Ohne das aktive Engagement und die Unterstützung der Geschäftsleitung stoßen selbst die besten Strategien und Maßnahmen schnell an ihre Grenzen.
Fall 3: Klimatechnik – Globale Sales Excellence durch Transformation
Die Herausforderung
Ein führender Hersteller von Heiztechnik- und Klimageräten stand vor der Aufgabe, mehrere interne Vertriebsabteilungen zu einem Bereich „Global Sales Excellence“ zu integrieren. Ziel war es, die vertriebliche Effizienz zu steigern, das CRM-System global besser zu nutzen und während der Transformation das operative Geschäft ohne Unterbrechung fortzuführen.
Der Ansatz
Um diese Herausforderungen zu meistern, wurden umfassende Maßnahmen ergriffen:
- Analyse und Strategie: Nach Bestandsaufnahme der globalen Vertriebsstruktur wurde mit den Abteilungsleitern in Workshops das Leitbild und klare Ziele des neuen Bereichs erarbeitet.
- Struktur und Synergien: Daraus resultierend wurde eine neue organisatorische Struktur entwickelt und umgesetzt, die die Synergien zwischen den Abteilungen fördert.
- CRM-Optimierung: Ein Konzept zur grundlegenden Überarbeitung des CRM-Systems wurde erstellt, um Akzeptanz und Nutzung zu steigern. Erste Verbesserungen wurden umgehend implementiert.
- Kommunikation: Regelmäßige Berichte und Meetings stellten Transparenz und Akzeptanz bei den Stakeholdern sicher.
- Übergabe: Die Ergebnisse wurden strukturiert an den neuen Director Global Sales Excellence übergeben.
Ergebnis
Die Integration der Abteilungen zur „Global Sales Excellence“ verbesserte die effiziente Unterstützung des globalen Vertriebs nachhaltig. Das operative Geschäft konnte ohne Einschränkung fortgesetzt werden. Das Konzept zur Verbesserung des CRM-Systems fand hohe Akzeptanz, und Quick-Fixes steigerten die Effizienz sofort. Die strukturierte Übergabe sicherte die nahtlose Fortführung der Transformation.
Best Practice
Klare Strategien, schnelle Umsetzungen und die Einbindung von Stakeholdern fördern die Akzeptanz und Effizienz von Transformationsprojekten. Die strukturierte Übergabe gewährleistet Nachhaltigkeit und Kontinuität.
Zusammenfassung und Fazit – Leitprinzipien für eine erfolgreiche Transformation
Die Fallstudien verdeutlichen die Vielfalt der Herausforderungen und Ansätzen, die bei der Transformation von Vertriebsorganisationen auftreten können. Sie zeigen auch, dass einige Kernprinzipien immer entscheidend sind, um eine nachhaltige Veränderung zu erreichen.
- Klarheit und Struktur als Fundament: Klare Ziele, einheitliche Prozesse und transparente Steuerung bilden die Grundlage für Stabilität.
- Kundenzentrierung als Leitmotiv: Lösungsorientierte Ansätze stärken Wettbewerbsfähigkeit und langfristige Kundenbindung.
- Mitarbeiter und Kultur als Treiber des Wandels: Einbindung schafft Akzeptanz und fördert die Bereitschaft zur Veränderung.
- Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit als Schlüssel: Synergien zwischen Abteilungen stärken die Grundlage für gemeinsame Erfolge.
- Führung als entscheidender Faktor: Vertrauen, klare Zielvorgaben und Unterstützung sind unverzichtbar.
Die Transformation im Vertrieb ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der Strategie, Struktur und Kultur vereint. Unternehmen, die klare Prozesse etablieren, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördern und auf eine starke, unterstützende Führung setzen, schaffen die Grundlage für langfristigen Erfolg.
Die Fallstudien zeigen, dass jede Veränderung einzigartig ist und an die spezifischen Gegebenheiten eines Unternehmens angepasst werden muss. Dennoch bleibt eines universell: Vertrauen, Klarheit und Zusammenarbeit sind die Schlüssel, um Transformation im Vertrieb nachhaltig zu gestalten und sowohl kurzfristige als auch langfristige Erfolge zu sichern.